Tod der Erdnussmänner

28.10.2009 - Hobbykicker hingericht

Venezuela - Diese Nachricht hat die Fußball-Welt erschüttert: Vor gut zwei Wochen wurde in Venezuela eine komplette Mannschaft von Hobbykickern auf einem Bolzplatz entführt und später hingerichtet. Jetzt droht...

von Christian Piarowski

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Diese Nachricht hat die Fußball-Welt erschüttert: Vor gut zwei Wochen wurde in Venezuela eine komplette Mannschaft von Hobbykickern auf einem Bolzplatz entführt und später hingerichtet. Jetzt droht ein politscher Konflikt.

Auf einem einfachen Bolzplatz im Provinzkaff Fernandez Feo im Südwesten Venezuelas hocken ein paar Männer beisammen und diskutieren leidenschaftlich die umstrittenen Szenen der ersten Spielhälfte. Es ist Halbzeitpause. Plötzlich fahren Lastwagen vor, bewaffnete Männer bedrohen Spieler und Zuschauer, verlangen die Spielerliste. Laut lesen sie die Namen der Gästemannschaft vor, verfrachten die Kicker im Lastwagen und verschwinden.

Vierzehn Tage werden die Entführungsopfer anschließend in einem Versteck gefangen gehalten. Am vergangenen Samstag fand die Polizei die elf Leichen der Hobbykicker. Bei den Opfern handelt es sich um neun Kolumbianer, einen Venezolaner und einen Peruaner. Hingerichtet mit Genickschüssen, die Körper durch die zersetzende Wirkung von Kalk bis zur Unkenntlichkeit entstellt und an unterschiedlichen Orten abgeladen. Einzig der 18-jährige Manuel Júnior Cortés überlebte mit einer Wunde am Hals, da ihn die Entführer für tot hielten. Auf ihn ruhen nun die Hoffnungen der Ermittler. 

Die zersetzende Wirkung von Kalk

Seinen Aussagen zufolge haben sich die Entführer zu keiner Gruppierung gezählt, trugen aber zum Teil Insignien, die seinen Vermutungen nach der kolumbianischen Guerilla »Nationales Befreiungsheer« (ELN) zugeordnet werden können. Anscheinend hielten die Entführer die Fußballer für Paramilitärs. In stundenlangen Befragungen wurden sie stets nach ihren Anführern befragt.

Die genauen Hintergründe bleiben trotz dieser Aussagen unklar. Laut Medienberichten, die sich auf Polizeiangaben berufen, könnte in der Tat die ELN verantwortlich sein, aber auch von einer neu gegründeten venezolanischen Guerilla ist die Rede. Möglich wäre auch ein Racheakt, denn die Spieler sollen den Anführer der bewaffneten Gruppe zuvor betrogen haben.

Vermutlich werden die Vorfälle nie genau aufgeklärt werden. Seit Jahren agieren in den ländlichen, teilweise schwer zugänglichen Gegenden des Grenzgebiets verschiedene bewaffnete Gruppen wie Guerillas, Paramilitärs und Drogenhändler. Entführungen und Gewaltverbrechen sind keine Seltenheit, meist sind sie in der Presse nur Randnotiz.

Guerilleros, Paramilitärs und Drogenhändler

Der Tot der Hobbykicker verschärft die ohnehin reichlich angespannten Beziehungen zwischen den beiden Nachbarländern. Die kolumbianische Regierung wirft den Venezolanern vor, die Ermittlung zu erschweren, und die wahren Hintergründe zu verschleiern. Die venezolanische Regierung wiederum sieht sich als Opfer der gewalttätigen Konflikte in Kolumbien, die immer wieder auf das eigene Staatsgebiet übergreifen. Nach Aussagen des venezolanischen Verteidigungsministers Ramón Carrizález gäbe es Hinweise, dass die getöteten Kicker als Spione oder Paramilitärs in Venezuela agierten. Details nannte er jedoch nicht.

Nach Aussagen der Familienangehörigen hingegen handelte es sich bei den Opfern um eine Gruppe von Straßenhändlern, die ihr Brot damit verdienten, in öffentlichen Verkehrsmitteln Erdnüsse zu verkaufen. Daher auch der Name ihres Teams »Los Maniceros« (zu deutsch: »die Erdnussmänner«). Ihre Leichen wurden mittlerweile nach Kolumbien überführt.