Aussichtslose Mission

02.03.2010 - Die Indios taumeln dem Abstieg entgegen

Gestern war die Amtszeit für Trainer José Treviño bei den Indios beendet. Den Abstieg werden die Grenzstädter, die seit 25 Spielen nicht gewinnen konnten, trotzdem kaum verhindern können.

von Matthias Linsenmeier

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Im Oktober vergangenen Jahres, während der Apertura 2009, entließ die sportliche Führung der Indios de Ciudad Juárez den uruguayischen Trainer Héctor Hugo Eugui nach einem mißlungenen Saisonstart und nahm dafür den Mexikaner José Treviño unter Vertrag. Die Indios hatten nach einem beeindruckenden Klassenerhalt in der Clausura 2009, als man sogar das Halbfinale um die Meisterschaft erreichte, den folgenden Saisonstart völlig in den Sand gesetzt und kamen nach zwölf Partien lediglich auf vier Punkte. Der 50-jährige Treviño hatte indes mit Real España und Motagua in Honduras beträchtliche Erfolge gefeiert und sollte nun den Karren in der Grenzstadt aus dem Dreck ziehen.

 

Doch auch unter dem neuen Trainer wollte der Erfolg nicht nach Ciudad Juárez zurückkehren, so dass der junge Verein nach Abschluss der Apertura lediglich zwei weitere Punkte auf dem Konto hatte und als Hauptabstiegskandidat in das Torneo Bicentenario 2010 startete. Dort ist nach acht Spieltagen mit fünf Niederlagen sowie drei Remis der Abstieg der Grenzstädter kaum noch zu vermeiden und gestern zog die Führung des Vereins schließlich die Reißleine.

 

Mit José Treviño, der in seiner Amtszeit in Ciudad Juárez 14 Spiele erlebte, in denen lediglich fünf Punkte erreicht wurden, ist auch der zweite Trainer der Saison 2009/2010 erfolglos geblieben. Der Nachfolger des Bartträgers steht noch nicht fest, doch seine Mission wird nahezu aussichtslos sein. Dank der eigenwilligen Arithmetik im mexikanischen Ligasystem, in dem eine Prozenttabelle der erreichten Punkte im Vergleich zu den bestrittenen Partien der letzten sechs Spielzeiten über die Abstiegsfrage entscheidet, ist man inzwischen nahezu chancenlos. Die Indios bräuchten zehn Punkte aus den ausstehenden neun Partien, wobei allerdings die Konkurrenten Tigres, Atlas und Jaguares keine Punkte mehr erreichen dürften. Holen alleine die Tigres lediglich fünf Zähler, wären die Indios schon auf deren zwanzig angewiesen, um den Klassenerhalt zu erreichen.

 

Die starke Clausura 2009 vernebelte den Sinn für die Realität

 

Noch im Sommer 2009 waren die Perspektiven des Vereins aus einer der zurzeit gefährlichsten Städte der Welt gar nicht so schlecht. Dank einer spektakulären Aufholjagd in der Clausura 2009 hatte man Necaxa auf den letzten Platz der Prozenttabelle verwiesen und somit den Traditionsverein in die Liga de Ascenso geschickt und selbst einen überraschenden siebten Platz in der Gesamttabelle erreicht, der zur Teilnahme an der Liguilla berechtigte. Dort erreichte man gar das Halbfinale, wo sich der spätere Vizemeister Pachuca nur knapp durchsetzte. Dieser Erfolg scheint den Verantwortlichen der Indios den Sinn für die Realität vernebelt zu haben, denn im vergangenen Sommer wurde die Mannschaft bei schwerwiegenden Abgängen nur unzureichend verstärkt. Die Liguilla-Teilnahme des damals am obersten Limit spielenden Teams war indes nur möglich gewesen, da etablierte und nominell deutlich stärkere Vereine wie Cruz Azul, die Chivas oder América sich jeweils eine schwache Spielzeit leisteten und in der KO-Runde fehlten. Außerdem bildete die Truppe im Frühjahr und Sommer 2009 eine verschworene Einheit, die ihre Spiele gegen namenhaftere Gegner nicht unbedingt durch die höhere individuelle Klasse gewann.

 

Der drohende Abstieg schwebte wegen der unzureichenden Kaderverstärkung bereits vor der Apertura 2009 über den Indios und trotzdem war man überrascht, dass am 12. Spieltag der Spielzeit erst vier Punkte auf dem Konto waren und kein einziges Spiel gewonnen werden konnte. Der damalige Hauptkonkurrent Gallos Blancos de Querétaro hatte nach einem ähnlich desaströsen Start inzwischen die Erfolgsspur gefunden und zog in der Prozenttabelle davon. Der Aufsteiger profitierte hierbei auch von seinem sehr volatilen Quotienten aufgrund der nur wenigen eingerechneten Erstligapartien. Unter Treviño wurde die Trendwende jedoch ebensowenig wie noch unter Eugui herbeigeführt und der Verein aus der Grenzstadt ging als siegloses Team nach der gesamten Apertura in die Geschichte ein.

 

In der abgelaufenen Wintertransferperiode vertrauten die Indios dann auf das Prinzip "Masse statt Klasse" und holte alte Bekannte des Trainers aus seiner honduranischen Amtsperiode, die jedoch ihre Tauglichkeit in anspruchsvolleren Ligen noch nicht unter Beweis gestellt hatten. Desweiteren wurden zahlreiche Spieler von Erstligakonkurrenten unter Vertrag genommen, für die im Kader des abgebenden Vereins kein Platz mehr war. Somit ging man im Torneo Bicentenario mit einer heterogenen Truppe aus Liganeulingen und Ausgemusterten an den Start. Die bisherige Erfolgsbilanz der laufenden Saison ist dementsprechend dürftig und der Abstieg inzwischen wohl nicht mehr zu verhindern.

 

Einst eine Erfolgsgeschichte

 

Der noch junge Verein tauchte im Sommer 2005 als Farmteam von Pachuca in der zweiten Liga auf. In Pachuca hatte man sich gedacht, dass eine Großstadt wie Ciudad Juárez einen ambitionierten Verein gebrauchen könne und übernahm die Zweitligalizenz der nach Monterrey abgewanderten Cobras. Die Indios erwiesen sich schnell als eine Erfolgsgeschichte und durch den Sieg in der Apertura 2007 stand man im Sommer 2008 im Finale um den Aufstieg gegen den Traditionsverein FC León aus Guanajuato. Die Indios entschieden dieses für sich und wollten sich schnell in der obersten Spielklasse etablieren, was dann auch 2008/2009 zu gelingen schien. Doch auch in Mexiko scheint das Gesetz des "verflixten zweiten Jahres" gültig zu sein und erstmals wird es in Ciudad Juárez wohl nach unten und nicht weiter nach oben gehen.