Finale II: Nacional - Junior

24.05.2014 - Vor Ort in der Primera A (1. Liga)

Fotos & Bericht von Meisterfeier und Finalrückspiel der Liga Postobon Apertura 2014 zw. Atlético Nacional und Junior im Estadio Atanasio Girardot von Medellín.

von Christian Piarowski

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Mit Atlético Junior und Atlético Nacional standen sich im diesjährigen Finale der Primera A (auch Liga Postobon, nach einem nationalen Brausehersteller) der 3. und 1. der ersten Runde gegenüber, in der jeder gegen jeden spielt. Junior wurde 1924 gegründet, Atlético Nacional 1947. Beide Vereine gehören zu den Großen in Kolumbien. Junior dominiert entlang der gesamten Karibikküste. Atlético Nacional hat Anhänger und Fanclubs im ganzen Land, mit Mitgliedern, die noch nie in Medellín waren. In jeder Stadt findet man zudem auch außerhalb der Saison Verkaufsstände mit den grün-weißen Trikots. Nacional ist der Verein, der in den letzten Jahren die meisten Erfolge feiern konnte. Im Halbfinale hatten die Finalisten die beiden Hauptstadtklubs Millonarios und Santa Fe bezwungen, zwei ebenfalls traditionsreiche Vereine.

 

In Medellín war die Stimmung unter den Nacional-Fans vor dem Spiel nicht ganz so euphorisch wie in Barranquilla. Man ärgerte sich noch immer über das Aus in der Libertadores gegen Defensor Sporting aus Uruguay. Denn eigentlich war der Gewinn der Copa Libertadores das große Ziel für diese Saison gewesen, und dann schied man gegen einen der eher kleinen Vereine aus. Des Weiteren ist für einen Fan von Atlético Nacional so eine Finalteilnahme bereits zur Gewohnheit geworden. Zusammen mit Liga, Pokal und Superliga war das heutige Finale das fünfte nationale Finale in den letzten eineinhalb Jahren. Dabei gewann Nacional zweimal die Liga und einmal den einjährig ausgetragenen Pokal. Der Reiz an dem Finale gegen Junior lag also eher darin, dass man Tricampeón, also dreifacher Meister, werden konnte. Von daher überrascht es wenig, dass die Tickets zwar gut weggingen, aber am Tag vor dem Spiel noch immer Karten für Ost- und Westtribüne im freien Verkauf erhältlich waren. Dies lag zum anderen aber auch an den hohen Preisen, die der Verein verlangte. Knapp 40 Euro für die Gegengerade ist viel Geld für den Durchschnittverdiener, der ca. 700 US-Dollar im Monat nach Hause bringt.

 

Tolle Stimmung im rappelvollen Estadio Atanasio Girardot

Das Stadion Atanasio Girardot ist leicht mit der Metro zu erreichen. In Stadionnähe auf der anderen Seite der Metro-Station gibt es zahlreiche Restaurants und Bars, wo sich bereits Stunden vor Anpfiff die Fans trafen und auf das Spiel einstimmten. Auch wenn es sich dort sehr gut aushalten ließ, machten sich die meisten bereits früh ins Stadion. Denn die Karten sind für die Tribünen zwar nummeriert, doch hält sich keiner daran. Wer also früher kommt, bekommt die besseren Plätze. Insgesamt kamen knapp 42.000 Zuschauer, d.h. das Atanasio Girardot war rappelvoll. Lediglich neben den etwa 100 Gästefans blieben zwei winzigkleine Sicherheitsbereiche leer.

 

Es herrschte eine angenehme, mit Vorfreude getränkte Atmosphäre im Stadion, die allerdings weniger knisterte als in Barranquilla. Zum Intro gab es eine Choreo mit Luftballons, kleineren Blockfahnen, Klopapierrollen, grün-weißen Plastiktüten und als Höhepunkt eine Wand aus grün-weißem Rauch, erst in der Süd-, dann in Nordkurve. Für den Rauch sorgten die Barras, die in Absprache mit dem Verein den Innenbereich vor den Kurven nutzen durften, und sich danach wieder brav hinter die Absperrungen begaben. Im ach so wilden Kolumbien klappt so was. Das ganze wurde natürlich von lautstarken Gesängen begleitet. Die Südkurve unterstützte das gesamte Spiel über und auch das übrige Publikum stieg häufig mit in die Gesänge ein. Die  kleine Gästeschar war natürlich nur zu hören, wenn man nahe bei ihnen stand – ganz nahe. Nach dem Ausgleichstreffer zündeten sie einen Bengalo, was sofort die Polizei auf den Plan rief. Letztere schickte die Gäste auch unmittelbar nach dem letzten 11er aus dem Stadion, pferchte sie in einen LKW mit blickdichter Plane und eskortierte sie aus den Gefahrenbereich.

 

Nach dem Spiel wie vor dem Spiel

Falls es so einen gab, denn die Grün-weißen hatten nur fiesta im Kopf. Trotz aller jüngsten Erfolge, der Spielverlauf brachte eine Spannung ins Spiel, die sich letztlich in Freudenstürme entlud, die es so bei normalen Verlauf wohl nicht gegeben hätte. Erst kam die frühe Führung, alles nahm den erwarteten Verlauf. Dann der Ausgleich, der einer Niederlage gleichkäme. Dann das ewige Anrennen, ohne Erfolg. Bis in die Nachspielzeit. Bis zur letzten Aktion, bei der der Ball irgendwie doch noch rein ging. Dann sofort das Elfmeterschießen, wo erst einige sich die Haare raufen, doch der Torwart sich als Held entpuppte. Dann Fiesta. Nach dem Spiel trafen sich viele Fans in den umliegenden Bars und Diskos, wo jene das Spiel geschaut hatten, die keine Karten ergattern oder sie sich nicht hatten leisten können. Die Meisterfeier glich dem Karneval: es flog Mehl, Schaum und Bier durch die Luft. Niemand blieb verschont.

 

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Atlético Nacional 2:1, 4:2 i.E. Junior, Estadio Atanasio Girardot, Medellín,Mittwoch, 21.05.2014, 19:00 - Rückspiel, Finale Apertura 2014, Primera A (Liga Postobon - 1. Liga), Zusch: 40.000

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