Clásico del Astillero: Emelec - Barcelona SC

18.05.2014 - Vor Ort in der Serie A (1. Liga)

Fotos und Bericht vom Clásico del Astillero zwischen Emelec und Barcelona SC im Estadio George Capwell.

von Christian Piarowski

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Das Duell zwischen Emelec und Barcelona SC ist auch als Clásico del Astillero bekannt, dem Klassiker von der Werft. Emelec wurde 1929 und der Barcelona SC 1925 gegründet. Beide Vereine wurden in unmittelbarer Nähe der Werft von Guayaquil ins Leben gerufen, daher der Name des Derbys. Das erste Duell fand 1943 statt, seitdem gab es insgesamt, einschließlich dieser Partie vom 11.5.2014, 269 Begegnungen. Dabei hat Barcelona im Rahmen der 1. Liga Ecuadors mit 63 gewonnenen Spielen ganz leicht die Nase vorn gegenüber Emelec, das 61 Siege vorzuweisen hat. Beide Vereine haben Fans in ganz Ecuador, wobei Barcelona laut diverser Statistiken als der populärste Verein des Landes gilt.

 

Das Spiel weckte hohe Erwartungen. Barcelona war Meister 2012 und Emelec ist der aktuelle Titelverteidiger. Auch zu Beginn der Primera Ronda sah es wieder so aus, als würden beide vorne mitmischen. Dazu war es der letzte Spieltag vor der WM-Pause. Dennoch konnte man Karten, zumindest der höheren Kategorien, am Spieltag direkt am Stadion kaufen. Emelec hatte die Preise im Vergleich zu anderen Spielen verdoppelt und zum Teil sogar verdreifacht. Für die Kurven wurden anfangs satte 15 US-Dollar verlangt. Beim Heimspiel zuvor standen sie noch für 5 zum Verkauf. Die weckte die Empörung der Fans und nach 2 Tagen wurde der Preis auf 12 Dollar gesenkt, was immer noch viel Geld bedeutete.

 

Schon früh viel los

Da im Stadion lediglich die Dauerkarteninhaber für die Haupttribüne einen festen Platz haben, strömten die Leute bereits früh ins Estadio George Capwell. Ein weiterer Grund neben dem stattfindenden Spiel der Jugendteams war das immer wieder beschworene Gefahrenrisiko beim Besuch dieses Clásicos, auch wenn die Barras beider Vereine zuvor einen offiziellen Pakt auf Gewaltverzicht geschlossen hatten. Zweieinhalb Stunden vor Anpfiff war daher schon recht viel los im Capwell, das einen sehr markanten eigenen Charme hat mit den steilen Tribünen und der Stehplatzgegengeraden, wo sich heute die Gäste befanden.

 

Da große Teile beider Barras ebenfalls frühzeitig im Stadion waren und das Spiel der Reservemannschaften lief, begannen schon früh lautstarke Gesänge mit Pöbelinhalt und Schwanzvergleich. Eine Weile lang wurden an der Ecke zwischen Heimkurve und Gegengerade privatere Nettigkeiten ausgetauscht. Schließlich wollte man zum Muttertagswochenende eben auch die Mütter der Gegner freundlich grüßen, wenn meine Spanischkenntnisse das alles richtig interpretiert haben. Es deutete sich ein bombastisches Spektakel mit Gänsehautgarantie an. Auf der gesamten Gegengerade hüpften die Barcelona-Fans geschlossen. Das Getrommel auf den Rängen wurde ekstatisch. Selbst auf den Logen erhoben sich die Leute und sangen. Dann setzten Musik und Stadionsprecher ein.

 

Stimmungstot aus den Boxen

Sie kämpften zunächst verzweifelt gegen die Gesänge an, blieben aber leider hartnäckig. Stück für Stück gewannen sie die Oberhand und irgendwann quengelte nur noch das Gedröhne aus den Lautsprechern. Irgendein albernes Spiel wurde vom Stadionanimator begeistert kommentiert, weckte aber wenig Interesse auf den Rängen. Dann kamen die Gigantes de Emelec: zwei riesige Puppen, die jeweils von einem armen Wicht bewegt wurden. Sie stolperten zu den Hintertortribünen, um dort rumzuhampeln. Dazu schepperten Emelec-Gesänge, genauer: Aufnahmen der Fangesänge von anderen Spielen aus den Boxen. Da war die Stimmung auf den Tribünen endgültig tot. Man hatte sich gegen das laute Getöse ergeben. Die Aufforderung zum Applause wurde ignoriert.

 

Erst als die Spieler mit dem Aufwärmen begannen, wurden die Fans wieder lebendig. Zum Intro war es dann wieder laut, es flog reichlich Papier durch die Luft. Doch weder da noch während des Spiels wurde auch nur annähernd der gleiche Level erreicht wie 2 Stunden vor Anpfiff bis das vereinseigene Animationsprogramm das Ganze erstickte. Dennoch herrschte insgesamt sehr gute Stimmung, ganz diesem populären Clásico würdig. Die Emelec-Fans auf beiden Hintertortribünen machten Betrieb und auch die Gäste ließen sich nicht lumpen. Am lautesten wurde es natürlich bei den Toren. Die Gäste verabschiedeten sich kurz vor Abpfiff noch einmal mit einer Hüpfeinlage, bei der die gesamte Gegengerade mitzog. An das Pyro-Verbot hielt man sich die ganze Zeit auf allen Tribünen, nur zwei kleine Ausnahmen gab es.

 

Auf dem Feld brachten Emelec die überlegene individuelle Klasse seiner Spieler und die bessere mannschaftliche Geschlossenheit einen verdienten Sieg, wobei der Gästekeeper bei den Toren ein wenig mithelfen musste.

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Emelec 2:0 Barcelona SC, Estadio George Capwell, Guayaquil, Sonntag, 11.05.2014, 16:30, 17. Spltg. Primera Etapa, Serie A 2014 - Clásico del Astillero

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