Krimi, was sonst: Uruguay - Brasilien

10.07.2007 - Copa America 2007 - Halbfinale

Fotos & Bericht vom Halbfinale der Copa America 2007 zwischen Uruguay und Brasilien im Estadio Olímpico "Pachencho" Romero von Maracaibo

von Christian Piarowski

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Maracaibo, im Nordwesten des Landes gelegen, ist mit zweieinhalb Millionen Einwohner die zweitgrößte Stadt Venezuelas. Als Schaltzentrale des Erdölexports, Venezuelas wichtigster Devisenquelle, ist Maracaibo ein bedeutsames Handelszentrum und weniger ein touristischer Leckerbissen. Zwei Drittel der Erdölausfuhren des Landes werden über den Hafen der Stadt ausgeschifft. Das historische Zentrum mit seinen wenigen kolonialen Häusern und Kirchen wurde, wie in Barquisimeto, für die Copa herausgeputzt. Das änderte jedoch nichts daran, dass diese Gegend nachts unsicher blieb und von weitstreifigen Spaziergängen abzuraten war. Das Nachtleben lässt sich besser in den neuen Zentren, etwa um die Plaza de la Republica genießen. Neonreklamen und diverse bekannte Fastfoodketten sorgen dort allerdings für ein eher nordamerikanischen Ambiente.


Wir waren erst am Spieltag angereist und trafen uns zunächst mit einem uns bekannten Peruaner, der während der Copa von einem Landesteil zum anderen und von Spiel zu Spiel reiste. Er hatte ein paar Karten zuviel, die er uns zu einem Freundschaftspreis überließ. Nach hastigem Snack ging es dann in Richtung Stadion. Um die Spielstätte herum herrschte bereits karibische Partystimmung. Live-Musik und Tanzgruppen sorgten dafür, dass die Wartezeit bis zum Anpfiff rasch verging.


Das Estadio José "Pachencho" Romero (46.000) hatte eine Laufbahn und vier recht unterschiedliche Tribünen. Während in der einen Hintertorkurve die Ränge steil in den Himmel ragten, gab es auf der Gegenseite nur ein halbes Dutzend Sitzreihen.
Wir hatten unsere Banner dabei und hängten diese gut sichtbar auf Höhe einer Eckfahne auf. Das Stadion war voll und die Zuschauer voller Vorfreude, die brasilianische Auswahl zu sehen. Schwer auszumachen, wie viele Brasilianer anwesend waren, denn in den meisten gelben Trikots steckten Venezolaner.


Das Auflaufen der Mannschaften wurde begleitet von einem verschwenderischen Feuerwerk und dem Abschießen einiger Papierkanonen. Die Stimmung während des Spiels war ganz gut und stark zugunsten Brasiliens. Jede Aktion des Rekordweltmeisters in Strafraumnähe riß die Leute von den Sitzen und löste begeisterten Jubel aus. Uruguayer waren nur in wenigen, kleinen Gruppen anwesend und konnten sich nicht höhrbar machen. Die Welle lief des Öfteren durchs Rund und es gab erneut politische Gesänge. Dieses Mal allerdings auch welche zu Gunsten von Chávez, die dann von der Gegenpartei gekontert wurden. Vor uns erhoben sich bei solchen Gelegenheiten zwei Venezolaner, die singend darauf hinwiesen, dass dies Fußball sei und Politik hier nichts zu suchen habe. Das wurde von uns mit begeistertem Applause begrüsst.


Auf dem Feld bot sich eine muntere, ansehnliche Partie. Uruguay, erneut fähig, die eigene Leistung zu steigern, hatte insgesamt leichte Feldvorteile und bestimmte das Tempo des Spiels. Aber wie so oft bei Spielen von Brasilien: der Underdog spielt klasse und der fünffache Weltmeister macht die Tore. Zweimal ging Brasilien in Führung. Doch mit ernormer Willenskraft, Kampf und hoher Laufbereitschaft gelang es den Urus, jeweils auszugleichen.


Nach den ersten 15 Minuten musste die Partie unterbrochen werden, da eines der Flutlichter ausgefallen war. Nach längerer Diskussion entschied der Schiedsrichter, weiterspielen zu lassen, da genügend Licht vorhanden sei. Im Laufe der ersten Halbzeit konnten die Scheinwerfer wieder hergestellt werden.


Nach 90 Minuten kam es nicht zur Verlängerung, sondern es ging direkt zu den Elfmeterpunkten. Brasilien begann. Robinho verwandelte sicher. Ein Feuerwerk war der Lohn. Dies sollte sich bei jedem Tor wiederholen. Nur für Forlan gab es keines, denn der verschoss als erster Schütze Uruguays. Die Brasilianer verwandelten ihre Elfmeter sicher. Erst Afonso scheiterte kläglich. Uruguay konnte ausgleichen. Der letzte Treffer der Celeste war ein frecher Heber in die Tormitte - Loco Abreu, wer sonst. So hieß es nach fünf Schützen 4:4. Dramatik pur. Fernando versemmelte für Brasilien. Der Finaleinzug war für die Urus zum Greifen nahe. García stand einsam am Elfmeterpunkt. Ruhe austrahlend. Kurzer Anlauf. Gefühlvoller Schuss. Der Torwart springt in die falsche Ecke. Der Ball segelt in Richtung Netz. Doch landet am Innenpfosten. Gilberto macht kurzen Prozess.  Und Lugano schiesst den Torwart an. Aus! Uruguay war ausgeschieden. Brasilien weiter. Eigentlich wie erwartet, doch der Jubel der brasilianischen Spieler und ihrer Sympathisanten auf den Rängen war von Erleichterung beseelt und daher umso freudetrunkener.

Niemand konnte oder wollte aber abstreiten, dass Uruguay den Rekordweltmeister am Rand der Niederlage hatte (nicht nur vom Elfmeterpunkt) und eigentlich der verdiente Sieger der Partie gewesen wäre. Die wenigen uruguayischen Fans verschwanden schnell oder blieben noch lange niedergeschlagen auf ihren  Plätzen sitzen.

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Uruguay 2:2, 4:5 n.E. Brasilien, Estadio Olímpico "Pachencho" Romero, Maracaibo, Venezuela, 10.07.2007, 20:50, Halbfinale

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