Zurück aus der Hölle: Independiente - Huracán
11.06.2014 - Vor Ort beim Aufstieg Independientes
Bericht vom Entscheidungsspiel um den Aufstieg
von Christian Piarowski
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Independiente hatte am letzten Sonntag nicht zu Hause gewinnen können, sondern vergeigte den Matchball mit einem torlosen Remis gegen Patronato. Huracán dagegen siegte auswärts bei Almirante Brwon, das noch gegen den Abstieg gekämpft hatte. Dadurch landeten Rojo und Globo punktgleich auf Platz 3. Da laut Regelwerk das Torverhältnis bei wichtigen Entscheidungen keine Rolle spielt, war somit das Entscheidungsspiel notwendig geworden. Noch am Sonntag waren Ort und Datum bekannt geworden. Das Spiel stieg in La Plata mit dem besonderen Reiz, dass beide Fanlager in gleichen Teilen erlaubt sein würden.
Jeweils 12.500 Tickets durfte jeder Verein verkaufen zu Preisen der Kategorien "deftig" und "saftig". Die jeweils 9.000 Populares (Kurvenplätze) gingen für 100 Pesos über den Tisch (9 € laut off. Tageskurs), die Plateas (Tribünen) für 300 Pesos (27€) egal, ob Socio (Mitglied) oder nicht. Das ist viel Geld, vor allem für die 2. Liga. Beim Abschiedsspiel der Selección kurz vor der WM bekam man vergleichbare Tribünenkarten für 290 Pesos. Independiente verkaufte nur an Mitglieder, Huracán auch an Nicht-Mitglieder, jedoch mit Vorverkaufsrecht für Socios. Trotz der hohen Preise, trotz der unsäglichen Anstoßzeit an einem Mittwoch um 14:00 und trotz der Anreise nach La Plata nutzten beide Fanlager das Kontingent komplett und das Spiel war letztlich ausverkauft.
Probleme bei der Anreise
Ein riesiges Aufgebot an 1.100 Polizisten sollte für die Sicherheit sorgen, nicht nur in und ums Stadion, sondern vor allem auch bei der Anreise. Beide Fangruppen, ob aus Capital Federal oder Avellaneda, hatten schließlich denselben Anreiseweg, nämlich aus dem Norden über die Autobahn oder mit dem Zug nach La Plata etwa 60 Kilometer südlich der Landeshauptstadt. Die Barras mussten zu unterschiedlichen Zeiten losfahren und wurden jeweils von einem Hubschrauber und etlichen Polizeiwagen begleitet. Dazu positionierten sich weitere Polizeieinheiten entlang der Autobahn und der Zugstrecke. Da die meisten Fans mit dem Privat-Pkw anreisten war die Autobahn, über die auch die barras geleitet wurden, völlig verstopft und die normalerweise etwa 45 Minuten dauernde Anreise mit dem Bus dehnte sich aus auf über zwei Stunden. Viele Fans hätten den geplanten Anpfiff um 14:00 Uhr verpasst. Darunter auch die Barra Huracáns, die als Zweite anreisen sollte und erst 13:50 in Stadionnähe eintraf. Dies allerdings nicht allein wegen der verstopften Autobahn, sondern auch da es unterwegs trotz Polizeibegleitung zu einigen kleineren Scharmützeln kam, unter anderem mit Barras von San Telmo. Aus den Elendsvierteln entlang der Autobahn war zudem viel Volk, darunter überwiegend Independiente-Fans, an den Straßenrand geströmt, um das Spektakel der vorbeifahrenden Barras zu betrachten. Auch da gab es gelegentlich Versuche seitens der Huracán-Barra, den Konvoi zu stoppen und auf geworfene Steine zu antworten. Wenn man jedoch unmittelbar hinter der Huracán-Barra unterwegs war, konnte man beobachten, dass alles weniger dramatisch war, als diese Zeilen klingen mögen, und als es von den lokalen Medien aufgebauscht wurde.
Anpfiff wird wegen Fans verschoben
Immerhin zeigten sich alle an der Organisation Beteiligten (darunter auch TV) großzügig und verlegten angesichts des Verkehrschaos den Spielbeginn kurzerhand eine halbe Stunde nach hinten. Das Spektakel begann also 14:30. Vor allem die Huracán-Kurve zeigte ein sehr nettes Intro mit lauten Gesängen, rotem Rauch, Papier und Blockfahne. Wenig zuvor war die Barra in eine weiße Rauchfahne gehüllt in den Block gekommen. In knapp 15 Minuten hatten sie den Block mit Plastik-Tirantes und Lappen geschmückt. Es war anzumerken, dass gerade für die Barra Huracáns dieses Spiel etwas Besonderes war. Nicht allein wegen der sportlichen Bedeutung, sondern auch, da man endlich mal wieder die Fahnen und Banner präsentieren konnte, was in Capital noch immer verboten ist. Trotz der knappen Zeit in der Vorbereitung und vor allem im Stadion, schafften sie es, den Block an- und entsprechend zu schmücken. Allerdings zerriss sich ihnen die Blockfahne, wie auf den Fotos zu erkennen ist.
Für die Fans des Rojo sind Fahnen und Banner bei Heimspielen erlaubt, weshalb dieser Umstand nichts Außergewöhnliches bedeutete. Intro und Blockschmuck fielen bei ihnen bescheiden aus, kaum Papier, eine kleine Rauchsäule und eine schlichte Blockfahne alter Zeiten, die allerdings durchaus ihren Charme hatte. Was an optischer Untermalung fehlte, machten die Independiente-Fans an Akustik wett. Während beim Intro beide Kurven einen sehr guten Lärmpegel erreichten, waren die Rojos die 90 Minuten über präsenter und lauter. Dabei stimmten auf beiden Seiten die Plateas immer wieder lautstark in die Gesänge mit ein. Aufgrund des Spielverlaufs war von den Huracán-Fans im zweiten Durchgang immer weniger zu hören. Insgesamt machten aber beide Seiten ordentlich Betrieb, das Dach verstärkte das Ganze, aber auch ohne wäre es ein tolles Spektakel gewesen. Es war halt einfach mal wieder geil, in Argentinien zwei gefüllte Fankurven gegeneinander singen zu hören.
Equipo chico
Auf dem Platz machte Huracán das Spiel. Independiente spielte dagegen im Stile eines "equipo chico", d.h. legte Vorrang auf die Defensive, machte die Räume eng und lauerte auf Konterchancen und Fehler des Gegners. Der Schiri machte eigentlich eine gute Partie, allerdings ließen ihn seine Assistenten im Stich und wedelten fast alles ab, was von Huracán nach vorne ging, ob Abseits oder nicht. Dennoch kein unverdienter Sieg des Rojo, da sich Independiente 90 Minuten über konzentriert und kaltschnäuzig zeigte. Die Mannschaft hat nach anfänglichen Problemen im Laufe der Saison verstanden, wie die 2. Liga tickt und kehrt daher verdient ins Oberhaus zurück. Für Huracán dagegen wird es in den nächsten sechs Monaten schwer, den Aufstieg nochmals zu vergeigen. Sollte auch nur die Hälfte des Teams bleiben, ist der Globo Top-Kandidat in dem dann 10er-Aufstiegsfeld.
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Independiente 2:0 Huracán, Estadio Único, La Plata, Mittwoch, 11.06.2014, 14:30 - Entscheidungsspiel um den Aufstieg B Nacional 13/14, Zuschauer: 25.000
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