Juniorengipfel: Chacarita Jrs. - Argentinos Jrs.

30.07.2017 - Primera B Nacional (2. Liga)

Erster gegen Zweiter am letzten Spieltag der Saison 16/17 und es ging für die Gastgeber um alles. Fotos und Bericht.

von Christian Piarowski

  • Text
  • Fotos
  • Ähnliches
  • Karte

Bei der Begegnung Chacarita Juniors gegen Argentinos Juniors trafen am letzten Spieltag der Nacional B 16/17 Spitzenreiter und Meister sowie der Tabellenzweite aufeinander. Während die Gäste aus Paternal schon vor einigen Spieltagen die Ligameisterschaft und somit den Aufstieg hatten klar machen können, ging es für die Gastgeber noch einmal um alles. Denn zeitgleich spielte weit im Süden, in Puerto Madryn, Guillermo Brown, der Tabellendritte, der bei einem Sieg und gleichzeitiger Niederlage Chacas den zweiten Tabellen- und somit letzten Aufstiegsplatz einnehmen konnte. Sollte das Team aus Patagonien einen dreier einfahren und Chacarita nur zu einem Unentschieden kommen, würde es dagegen zu einem Entscheidungsspiel kommen.

 

Der Vorteil lag somit natürlich klar bei den Chacarita Juniors und niemand rechnete ernsthaft damit, dass an diesem Tag noch an dem Aufstieg zu rütteln sei. Zum einen gingen es für die anderen Juniors sportlich um nichts mehr, die Fanszenen sind relativ befreundet und auch für den Verein aus Paternal wäre in der nächsten Saison eine Auswärtsfahrt um die Ecke (selbst bei dichtem Verkehr dauert die Busfahrt von Paternal nach San Martín nur 45 Minuten) sicher angenehmer als eine umständliche lange Reise an die patagonische Küste (16 Stunden Bus oder 90 Minuten Flieger). Somit erwarteten nicht wenige Kenner, dass der scheidende Gästetrainer Gabriel Heinze ein zu den Namen passendes Junioren-Team aufbieten würde.

 

Rappelvolle Hütte

Bei den Gastgebern hatte man in Absprache mit den Gästen und Sicherheitsbehörden die Gästetribüne, die eigentlich den Verantwortlichen des Bichos zugestanden hätte, für die eigenen Fans freigeben dürfen. Der Vorverkauf lief bestens, mehrere Blocks lange Schlangen prägten das Stadtbild Villa Maipus noch am Vortage. Dennoch gingen nicht alle Karten weg, was zum einen an der Kommunikation lag (zeitweise hieß es, es sei bereist ausverkauft), zum anderen auch an den mehreren Hundert Pesos für Nicht-Mitglieder, die in Zeiten hoher Kosten zur Sicherung des Lebensunterhalts nicht jeder so einfach aufbringen kann.

 

Doch nicht wenige, von der Euphorie im letzten Moment angesteckte Menschen rannten buchstäblich schließlich doch noch kurz vor Anpfiff durch die Straßen auf der Suche nach Tickets. Mal hieß, da gäbe es welche, mal wie derdort sei noch was zu bekommen, was ein Schönes Hin und Her ergab im Stadionumfeld. Am Ende platzte dieses erwartungsgemäß aus allen Nähten, selbst einfache Pressevertreter mussten sich auf der Tribüne irgendwo was zum Stehen suchen, denn die Kapazität war absolut ausgereizt. Was die Anzahl der Fans betrifft ist, ist Chaca bekanntlich Erstligist.

 

Ein Spiel so spät im Winter ist nicht unbedingt normal. Dass die Begegnung drei Wochen vor dem bis dato geplanten Start der nächsten Saison stattfand, lag unter anderem am Spielerstreik im Januar, wodurch sich der Beginn der Rückrunde um über einen Monat verschoben hatte. Der Winter hatte sich zwar in Buenos Aires eigentlich nur an wenigen Tagen auch als solcher gezeigt und noch am Vortag war es beim Finalspiel der Primera C sonnig und warm gewesen; so warm, dass viele Fans bequem nur mit Trikots bekleidet waren. Doch über Nacht hatte das Wetter umgeschlagen. Ein kalter Wind hatte drohende Regenwolken aufgebaut, die sich nahezu pünktlich zu Spielbeginn zu entladen begannen. Ein Sauwetter aller bester Güte sollte das Spiel begleiten. Das hatte natürlich Auswirkungen auf die Stimmung im Stadion.

 

Zittern statt singen

Eigentlich bekannt für seine oftmals stimmungsvolle Kulisse konnten die Chaca-Fans an diesem Sonntag nur selten die dem Anlass entsprechende Atmosphäre erzeugen. Zwar hatte man versucht, auf der Hintertortribüne, wo die Barra stand, und auf der Haupttribüne eine Luftballon-Choreo anzusetzen, doch viele Zuschauer nutzten die Luftstäbe eher als Regenschutz und als Notkleidung; zogen sich die Dinger etwa über die durchnässten Turnschuhe. Eine auf die Platea verirrte, schnell vom Wind fortgetragene Rauchfahne signalisierte das Auflaufen der Mannschaften. Ansonsten kamen zum Intro noch Papierschlange zum Einsatz. Vor Beginn der 2. Halbzeit deckte die Barra das Tor, auf das die Argentinos spielen sollte, mit Papierrollen zu, fast wie ein Ritual, damit der Kasten sauber bleibe. Die Gesänge dagegen waren nur kurzzeitig laut und kamen eher fröstelnd rüber. So ging das über das gesamte Spiel, es gab gute Phasen, aber zu keiner Zeit explodierte das Stadion.

 

Dazu trug aber nicht nur das Wetter bei. Denn gegen allen Erwartungen legte die Argentinos Juniors los, als wären sie es, die noch einen Dreier einfahren müssten. Sie überrannten die Gastgeber förmlich und kamen zu Großchancen im Fünf-Minuten-Takt. Wie durch ein Wunder stand es nach 25 Minuten nur 1:0 für die Gäste. Erst Ende des ersten Durchganges konnte sich Chaca etwas befreien und erhielt beim ersten wirklich gefährlichen Vorstoß einen allerdings berechtigten Elfmeter, der auch den Ausgleich brachte. In der zweiten Hälfte konnten sich die Gastgeber etwas besser positionieren, hatten nun Feldvorteile, ohne wirkliche Gefahr zu kreieren, während die Gäste ihren zu Beginn gezeigten Offensivdrang eingestellt hatten. Fußballerische Magerkost wurde also geboten, wie so oft hier und anderswo in dieser Zweitligasaison. Dennoch reichte es für die Gastgeber zum Happy-End, da auch im Süden Brown gegen Boca Unidos nichts zustande brachte und man sich dort torlos trennte.

Übrigens war dort das Spiel um knapp zwei Minuten verspätet dran, weshalb, so wurde gemunkelt, in Villa Maipu plötzlich die Rasensprenger angingen, wodurch wiederum die Partie kurz unterbrochen werden musste und so die Ereignisse wieder zeitgleich hätten ablaufen können, wenn, ja wenn, man sich im Süden nicht vorbereitet hätte. Stattdessen blieb es bei der Verzögerung, da man auch in Madryn ebenfalls die Rasensprenger anschmiss und so mussten die Chaca-Fans kurz auf den Abpfiff dort warten.

 

Das Zittern um das Spielgeschehen, was über weite Teile auch das Geschehen auf den Rängen dominiert hatte, fand zwar bald ein glückliches Ende. Doch die große Party stieg auch dann nicht. Etwas Applaus, ein paar, wenn auch laute, Jubelgesänge und einige Bengalos bei der Barra, das wars. Wer zudem noch nicht steif gefroren war, der umarmte kräftig seinen Nebenmann. Das musste an diesem Tag einfach mal reichen. Vor allem Familien machten sich schnell auf dem Heimweg, damit der blau gefrorene Nachwuchs in der Lage sein konnte, im August die tatsächliche Rückkehr ins Oberhaus bei lebendigen Leibe zu erfahren.

 

---------------

Chacarita Jrs. 1:1 Argentinos Jrs., Estadio de Chacarita Juniors, Villa Maipú (Prov. de Bs.As. - GBA), 30.07.2017, 15:35, 46. Spltg. Nacional B 2016/17 - Chacarita steigt in die Primera A auf

---------------