Giganten in Villa Fox: CADU - San Miguel

29.07.2017 - Primera C (4. Liga)

Das Rückspiel des Finales um den Aufstieg zwischen Defensores Unidos und San Miguel fand ein überraschendes Ende. Fotos und Bericht.

von Christian Piarowski

  • Text
  • Fotos
  • Ähnliches
  • Karte

Das beschauliche, am Río Parana gelegene, etwa 100.000 Einwohner zählende Zarate kann man nur mit viel Wohlwollen als Fußballhochburg bezeichnen. Wie in allen Städten dieser Größenordnung gibt es zwar mehrere Sportvereine, die Fußball für Jugend bis Alte Herren anbieten. Doch sind die Zuschauerzahlen in der Liga Zarateña de Futbol, zu der auch Teams aus Lima gehören, bestenfalls an Finaltagen mit schönsten Sonnenwetter erwähnenswert. Da ist in benachbarten Amateurligen mehr los. Aber natürlich ist es schwer für die kleinen Vereine der Stadt, Interesse für reinen Amateurfußball zu entwickeln, wenn im Ort bereits ein Kub in den Profiligen der AFA unterwegs ist. Doch gibt es auch bei Defensores Unidos an gewöhnlichen Liga-tagen nur selten einen riesigen Andrang.

 

Extra das Stadion erweitert

Das war nun alles anders zum Finalrückspiel der Aufstiegsendrunde. CADU hatte bereits in der regulären Saisonphase eine gute Rolle gespielt und hinter Überflieger und Meister Sacachispas souverän den 2. Platz mit acht Punkten Vorsprung auf Rang 3 gesichert. Bereits in dieser Phase konnte man sich in der Stadt die über die Jahre etwas verloren gegangenen Sympathien zurückerobern. Mit jedem Erfolg in Torneo Reducido wuchs dann allmählich so etwas wie eine Euphorie heran, die spätestens mit dem vielversprechenden Hinspielergebnis endgültig entfesselt worden war. Daher wurde seitens des Vereins für das letzte Spiel der Saison eine Stahlrohrtribüne errichtet, die eine zusätzliche Kapazität für 1000 Zuschauer ermöglichen sollte.

 

Offiziell gingen 4.800 Karten in den Verkauf, es sollten aber wohl etliche Zuschauer mehr ins Stadion Gigante de Villa Fox kommen, das schon lange vor Anpfiff aus allen Nähten platzte. Auf den mit himmelblauen Luftballons, Fahnen und Plastikstreifen geschmückten Tribünen herrschte vorfreudige Feststimmung, auch die Barra verzichtete auf besondere Selbstdarstellung und bezog bereits frühzeitig ihre Plätze, um mit Musik für Stimmung zu sorgen. Zum Intro wurde es dann von allen Seiten richtig schön laut, abgesehen von Papier und den aufsteigenden Luftballons sowie einzelnen Rauchsäulen auf der Stahlrohrtribüne gab es optisch aber wenig Untermalung. Das war auch kaum zu erwarten aufgrund der zuletzt gefahrenen, knallharten "Zivilisierungskampagnen" der Sicherheitsbehörden. Wer fette Intros erwartet, braucht momentan nicht extra dafür nach Argentinien reisen, zumindest nicht zu den Spielen im Großraum Buenos Aires.

 

Lautes Intro

Dennoch sorgte das Publikum mit den lauten Gesängen für Gänsehautatmosphäre, wie man sie sonst selten in diesem Stadion erleben kann, wo es, wie erwähnt, meist recht familiär zugeht. Doch zeigten sich die Spieler heute nicht auf der Höhe, ja gar völlig von der Rolle im ersten Durchgang. Noch im Hinspiel hatten sie bis zur Roten Karten klar dominiert, nur aufgrund von viel Pech blieb ihnen in Sarandí die Führung verwehrt. Aber heute spielte zu Beginn nur ein Team, und das waren die Gäste. San Miguel wirkte entfesselt, schon nach neun Minuten gelang ihnen die Führung. Was natürlich eine kalte Dusche für die Stimmung im Stadion war. Doch so richtig in Schockstarre verfielen die Zuschauer erst, als es plötzlich nach 20 Minuten breits 0:2 stand und es eher schien, als sollten unmittelbar noch weitere Treffer für die Gäste folgen.

 

Spieler und Fans rappelten sich zum Ende des 2. Durchgangs zwar wieder auf, doch Gefahr sollte für San Miguel erst mal nicht mehr entstehen. Auf den Rängen musizierte die Barra ungestört vor sich hin, auf den anderen Tribünen wurden davon unabhängig immer wieder mal Anfeuerungsrufe alten Stils angestimmt. Im zweiten Durchgang zeigte sich CADU auf dem Feld dann besser organisiert und konnte ein Spiel auf ein Tor gestalten, ohne jedoch echtes Powerplay und Dauergefahr zu entwickeln. Dennoch gelang der Anschlusstreffer, was natürlich noch mal Leben in die Bude brachte.

 

So ganz hatte sich das Publikum ohnehin nie aufgegeben. Die Barra musizierte unermüdlich durch und auch andere Tribünen stimmten häufiger mal Lieder an, auch wenn schließlich in den Schlussminuten die Anspannung vorherrschte und eher ein Fingernägelkauen als alles andere zu hören war. Niemand ging vorzeitig, alle blieben, hofften bis zuletzt.

 

Ein Gigant zurück in der Primera B - Heimpublikum zeigt Größe

Doch letzten Endes sollten es die Gäste sein, die feierten. Bei vielen Gästespielern, den anwesenden Angehörigen und offiziellen Betreuern, ja, selbst bei einigen Vertretern der vereinsnahen Medien liefen Tränen fassungslosen Glückes. Nach 14 Jahren kehrte San Miguel wieder in die Primera B zurück, wohin der Verein gemessen an seiner Popularität im Westens des GBAs auch hingehört.

 

Bei den Gastgebern brachen natürlich ebenfalls vor allem bei den Spielern zunächst Tränen aus. Der Großteil des Publikums schluckte die bittere Pille dagegen mit gigantischer Souveränität und Selbstbeherrschung. Klar war die Enttäuschung allen anzusehen. Eine lange Saison, in der man mit den gezeigten Leistungen in der Liga und in der Aufstiegsendrunde klar den zweiten Aufstiegsplatz verdient hätte, war nun dahin.

Nächte Saison musste man also wieder ganz von vorne anfangen, während im Nachbarort Campana Erzrivale Villa Dalmine noch immer Zweitligafußball erleben durfte. Das war ein harter Schlag. Dennoch blieben die Anhänger CADUs im Stadion, bewahrten Ruhe und verabschiedeten schließlich das eigene Team mit Applaus und aufmunternden Worten.

 

---------------

CADU 1:2 San Miguel, Estadio Gigante de Villa Fox, Zárate (Prov. de Bs.As.), Samstag, 29.07.2017, 14:00, Rückspiel im Finale der Aufstiegsendrunde P-C 16/17 - San Miguel kehrt nach 14 Jahren zurück in die Primera B Metro

---------------