Gewerkschaftstermin: UOM - Victoria

05.03.2017 - Vor Ort im Torneo Federal C

Fotos und Bericht vom Torneo-Federal-C-Spiel U.O.M. - Victoria im Estadio Municipal Hugo Lumbreras von Ushuaia

von Christian Piarowski

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Die Fußballabteilung der Unión Obrera Metalúrgica trat in der Gruppenphase des Torneo Federal C gegen Victoria aus Rio Grande an, um mit einem Sieg die letzte Chance auf das Erreichen der Play-offs zu wahren.

 

Als die Mannschaften das Feld betraten, befanden sich im Stadion etwa 40 Zuschauer zusammen mit genauso vielen Polizisten. Das lag nicht etwa an den Eintrittspreisen, denn für den Stadioneinlass war lediglich eine Essenspende für bedürftige Familien abzugeben. Auch am Wetter lag es nicht, da das so oft so ungemütliche Ushuaia sich an diesem Tag sonnig und windstill gab. Der Anhang der Gäste betand aus einer Scharr Familienangehöriger, von etwa um die 15 Personen. Das geringe Zuschauerinteresse hatte andere Ursachen.

 

Es gibt über 10 Vereine in der über 60.000 Einwohner zählenden Stadt. Viele Menschen sind erst in den letzten 10 bis 20 Jahren hergezogenen. Sie tragen ihre Vereine aus der alten Heimat weiter im Herzen und kümmern sich bestenfalls als Spieler um die Belange des lokalen Fußballs. Wenig überraschend ist es daher auch, dass der Verein mit der größten Anhängerschaft die Cuervos del Fin del Mundo sind, also ein Art Ende-der-Welt-San-Lorenzo.

 

Darüberhinaus ist aufgrund der oft harschen Winterrungsbedingungen ein Stadionbesuch nicht immer ein Vergnügen, schon gar nicht, wenn man, wie in Argentinien üblich, mit dem Nachwuchs ein Spiel sehen möchte. Eine wahre, langwährende Leidenschaft für einen Klub vor Ort kann sich so nur schwer entwickeln, zumal sich das Geschehen abgesehen von ein paar Runden im Federal C zumeist auf die lokale Liga begrenzt, die nicht unbedingt für ihre hohe fußballerische Qualität bekannt ist. Futsal und andere Indoorsportarten ziehen auf Feuerland daher auch mehr Zuschauer an als der Fußball draußen.



Kurz vor Anpfiff wurden dann aber doch noch schnell drei kleine, liebevoll bemalte Zaunfahnen von der UOM-Crew angebracht. Die auffälligste Fahne zeigte Che, Diego und Indio Solari vereint als "banda". Es herrschte familiäre Atmosphäre mit kreisendem Matebecher, ausgedehnten Schwätzchen zwischen Jung und Alt sowie umher tollenden Kindern. Daneben standen einige wenige jener Vertreter, die sich einen "barra"-Stil zu eigen gemacht hatten und die statt Mate einen Weinkarton rumgehen ließen. Gesänge waren keine zu hören, nur vereinzelte Rufe und Sprüche sowie Gehupe bei guten Aktionen.

 

Allerdings wurden auch dieses Jahr zum Federal-C-Spiel die Autos hinterm Tor weggejagt, was natürlich weniger Zuschauer ergab. Eine Maßnhame, die mich hier bereits bei einem Spiel ein Jahr zuvor überraschte, denn es war keineswegs so, dass bei diesem Wettbewerb "Autozuschauer", also Zuschauer, die mit dem Auto an den Zaun heranfahren und von dort das Spiel verfolgen, generell verboten sind. Da aber in Ushuaia die "Autotribüne" nicht Teil des Stadionbereiches ist, war es wohl verboten worden.

 

Viele Zuschauer kamen erst nach dem Anpfiff. Es schien fast so, als hätten einige erst von dem Spel erfahren, als sie das Stadion passierten oder die Übertragung im Radio begann. Insgesamt wurden es so zusammen mit den 15 Gästen nicht ganz 100 Seelen auf der rustikalen Holztribüne.

Einer jener Jungs, die den "barra"-Stil vertraten, und der auch die Fahnen mit aufgehangen hatte, telefonierte die ersten 15 Minuten des Spiels hektisch und gestenreich umher. Als er sich dann beruhigte, tauchten fünf Minuten später ein Dutzend Jungs mit Trommeln auf, die teils den Eindruck machten, als seien sie grade erst aufgewacht oder von anderen, für sie interessanteren Aktivitäten fortgerissen worden. Sie formten nun, dirigert vom Telefonierer, eine kleine "barra" und begannen mit Trommeln und Trompeten dem Spiel einen akkustischen Rahmen zu verleihen.

 

Die Lieder glichen dabei eben jenen auf den Demos, was generell auch viele Stadionlieder tun, allerdings mit eigenem Text und oft auch Takt/Schnelligkeit. Im Lumbreras ging es daher ein wenig zu wie auf einer Gewerkschaftsdemo und die Jungs, von den viele River- oder Bocajacken trugen, trommelten auch mit der gleichen ein wenig stumpfen Routine wie auf solchen Veranstaltungen, also eher eintönig, das Lied nur selten wechselnd und Gesänge ließen sie weg. Der Typ, der sie dirigerte, gab sich damit zufrieden. Warum auch nicht, schließlich ist UOM die Gewerkschaft der Metallarbeiter, also passte das ganze auch als Support für das gewerkschaftseigene Team.

 

An zwei rauchenden klapprigen Buden wurden leckere Choris mit Cola für 50 Pesos angeboten, die Sonne schien herrlich und neben dem Getrommel hörte man die Gästeanhänger aus Rio Grande mit Flüchen und Schmährufen. Sie wirkten angespannter, auch wenn ihr Team das Spiel weitestgehend im Griff hatte  und vor allem in den spielkritischen Phasen zuzuschlagen wusste, sodass die Heimmannschaft stets aufs Neue wie tödlich getroffen wirkte.

Beim Stande von 0:4 hörte auch das Trommeln auf und von der Tribüne schüttete es dagegen Beleidigungen gegen die UOM-Spieler, die schließlich wenig später vom Abpfiff von diesem Spiel und den wohl zu hohen Anforderungen des Turniers erlöst wurden.

 

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U.O.M. 0:4 Victoria (RG), Estadio Municipal Hugo Lumbreras, Ushuaia (Prov. de Tierra del Fuego), Sonntag, 05.03.2017, 15:00, TF-C 2017, 5. Spltg. Región Patagonica Sur, Zona 1

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