Clásico zur Unzeit: Lugano - Yupanqui

20.04.2015 - Vor Ort in der Primera D (5. Liga)

Fotos und Bericht vom Primera-D-Spiel & Clásico Atlético Lugano - Yupanqui im Stadion von Atlético Lugano in Tapiales.

von Christian Piarowski

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Das Clásico von Villa Lugano zwischen Atlético Lugano und Yupanqui stieg an einem Montagnachmittag. In letzter Zeit hat man sich an absurde Ansetzungen im Unterhaus des argentinischen Fußballs (Ascenso) gewöhnt. Da wird sonntags 11:00 Uhr morgens gespielt, wo in Buenos Aires die meisten gerade zum ersten Mal auf den Wecker schauen, mitten in der Woche am Nachmittag oder gleich ganz hinter verschlossenen Türen und obendrein in fremden Stadien.  Sicherheit mag ja ein großes, und oft nicht unberechtigtes Thema sein. Seit Jahren gibt es deswegen keine Gästefans mehr und es ist auch mehr als unwahrscheinlich, dass es sie jemals wieder geben wird. Doch man kann es auch übertreiben.

 

Grade für kleine Vereine ist es bei solchen Terminen schwierig, etwa durch Tageskasse und Verkauf der Stadionwurst, an zusätzliche Mittel zu kommen,  die für kleine Vereine zur Aufrechterhaltung ihrer sozialen Aktivitäten wichtig wären. So bleiben sie natürlich abhängig vom Finanztropf der AFA und kommen bei der nächsten Wahl nicht auf dumme Gedanken. Daran hat sich auch nach Grondona nichts geändert. Das Stadionereignis reduziert sich damit zunehmend einzig auf die sportliche Ertüchtigung der Akteure auf dem Feld. Das mag man akzeptieren können, doch führt es den pompösen Ligapparat ad absurdum.

 

Absurd vor dem Montags-Clásico war auch das Verhalten von Polizei und der Sicherheitsorgansiation Aprevide, die kurzerhand und ohne Vorankündigung das Spiel "hinter verschlossenen Toren" stattfinden lassen wollten, so wie bei den letzten beiden Heimspiele zuvor. Die wenigen Zuschauer, die das nicht wussten, wurden zunächst abgewiesen. Auch Pressevertreter wurden erstmal einem Verhör unterzogen. Irgendwie durften dann plötzlich doch alle rein - Szenen, die in der untersten Liga des AFA-Fußballs irgendwie zum Alltag gehören, von denen aber kaum einer Notiz nimmt.

 

So sammelten sich schließlich insgesamt etwa 100 Fußballinteressierte, um das Spiel zu sehen. Darunter viele ehemalige Spieler, Angehörige oder Rentner aus dem angrenzendem Mittelklasseviertel Aldo Bonzi, die das Spiel und das schöne Wetter für einen besseren Zeitvertreib nutzten. Blockschmuck oder ähnliches gab es nicht, es waren auch nur zwei oder drei Trikos zu sehen. Die schöne Herbstsonne, der Duft nach Rasen und die Stille am Rand der Großstadt sorgten für eine angenehme Siesta-Stimmung. Einzig die Rufe von Spielern und Betreuern, gelegentliches Klatschen oder Fluchen vor allem aber das Kreischen von Papageien sowie das Rumpeln, Schnaufen und Tuten der Züge (entlang beider Längsseiten des Stadions befinden sich Eisenbahnstrecken) störten etwas die Nachmittagsidylle. Es fehlten selbst die üblichen Zaunbrüller, die gewöhnlich die gesamten 90 Minuten wie wild Schiri, Asi, Ball, verschiedene Mütter, Töchter und die ganze Welt verfluchen und bespucken. Dabei war das Spiel sehr abwechslungsreich, denn beide Teams suchten, sobald im Ballbesitz, ohne lange Mätzchen den Weg nach vorne.

 

Das änderte sich alles etwa 20 Minuten vor Schluss, als das Schirigespann, vielleicht angesichts der entspannten Atmosphäre übermütig geworden, auf die Idee kam, ein Tor für Lugano aufgrund einer vermeintlichen Abseitsstellung aberzukennen. Jetzt flogen die ersten Beleidigungen über den Zaun. Auch fingen einige Zuschauer für kurze Zeit zu klatschen und zu singen an. Als wenig später die nächste aussichtsreiche Situation der Gastgeber erneut vom Linienrichter zurückgewunken wurde, wurde der endgültig das Ziel diverser Flücheklassiker. Es wurde immer leidenschaftlicher mitgefiebert. Das alles löste sich schließlich zum Happy End in der letzten Minute: wieder ein Pass in die Spitze, und diesmal war es ein klares Abseits, doch ausgerechnet der gescholtene Linienasi ("du wirst in der D vergammeln" war noch einer der nettesten Sprüche) war weit von der Spielhöhe entfernt.

 

Der Torjubel in der Schlussminute war natürlich das Highlight des Tages, gefolgt vom Triumpfschrei beim Abpfiff wenig später und den Hijo nuestro (Ihr seid unser Sohn), mit dem die klare Derby-Bilanz zugunsten Luganos betont wurde. Die Spieler feierten das Ganze wie eine Meisterschaft, ihre Gesänge in der Kabine, die ersten Gesänge an diesem Nachmittag, waren selbst von der Bahnstation Tapiales aus noch zu hören.

 

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Lugano 1:0 Yupanqui, Estadio Atlético Lugano, Tapiales (GBA Süd - Partido de La Matanza), Montag, 20.04.2015, 15:30, 6. Spltg. Primera D 2015 - Clásico de Villa Lugano

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