Aufstiegsderby: Atlas - Alem

02.07.2017 - Vor Ort in der Primera D

In General Rodriguez trafen die beiden Primera-D-Teams der Stadt zum Aufstiegsendspiel aufeinander. Fotos und Bericht.

von Christian Piarowski

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Wie die Dinge im Fußball doch manchmal laufen. Zum Finale des Cuadrangulars der Primera D 2017, der Play-off-Endrunde um den zweiten Aufstiegsplatz trafen just die beiden Lokalrivalen aus General Rodriguez, Atlas und Alem, aufeinander. Zweimal also würde es innerhalb einer Woche zum Derby kommen, das es damit auch definitiv nicht in der nächsten Saison geben würde. Es war zudem auch das Duell des Zweit- und Drittplatzierten der regulären Saisonphase. Beide Teams hatten ihre jeweiligen Rivalen im Cuadangular zuvor mit jeweils mit 1:0 und 2:0 ausschalten können und standen verdient im Finale.

 

Es kann mit Sicherheit behauptet werden, dass wohl nie zuvor in Rodriguez ein Fußballspiel auf Vereinsebene mit solcher Spannung erwartet wurde wie dieses Finale. Da Alem besser platziert die reguläre Saisonphase abgeschlossen hatte, durfte der Verein aus dem Zentrum der Stadt das Rückspiel vor eigenem Publikum austragen. Atlas kam die Gastgeberrolle im Hinspiel zu.

 

Die andere Leidenschaft

Der 1951 gegründete Verein, der noch nie höher als in der Primera D gespielt hat, ist über die Landesgrenzen hinaus bekannt, dank der Reality-Show/Doku "Atlas, la otra pasión", die von Fox-Sports in ganz Lateinamerika ausgestrahlt wird. Bislang war dennoch die Kapazität des etwa 2000 Zuschauer fassenden Estadio Ricardo Puga mehr als ausreichend gewesen. In weiser Voraussicht errichtete der Verein aber dennoch flugs vor dem Spiel eine neue Hintertortribüne aus Stahlrohr. Es sollte sich lohnen.

Obwohl der Kartenverkauf erst zwei Stunden vor Spielbeginn startete, war die Hütte zum Anpfiff rappelvoll. Nirgends war mehr ein Platz zu finden. Jeder freie Zentimeter auf jeglichen Vorsprüngen war von den Zuschauern erklettert worden. Freilich hatten sich auch Sympathisanten von Alem hineingeschmuggelt, obwohl ja Gäste seit Jahren verboten sind. Sicher lockte auch das für Winter herrlich warme Sonnenwetter und der Fakt, dass sich die 1. Liga bereits in der Winterpause befand, ein paar zusätzliche Zuschauer an.

 

Die Barra legte vermutlich ihren bis dato besten Auftritt hin und brachte ein schönes Intro mit Luftballons, Papierschlangen und Gesängen. Sie supportete in der Anfangsphase noch durchaus gekonnt, sollte allerdings das Niveau im Laufe des Spiels nicht halten können. Kaum vorzuwerfen, angesichts des Spielverlaufs, der natürlich auch beim restlichen Publikum die anfängliche Euphorie verfliegen und schließlich mit enttäuschten Mienen enden sollte. Dabei zeigte sich auf den Rängen eine interessante Mischung des Publikums, nämlich ein absoluter Querschnitt aus der heterogenen Bevölkerung am Rande von Rodriguez, wo sich teure, abgezäunte Privat-Viertel mit einfachsten Landarbeitersiedlungen mischen. So stand der Hipster neben den Campesino in der Gauchohose und ähnliches.

 

Katastrophale Black-outs

Auf dem Feld entwickelte sich aus Sicht der Gastgeber eine absolute Katastrophe. War Atlas mit viel druck aus der Kabine gekommen und wie die Feuerwehr gestartet, wendete sich sukzessiv das Blatt. Mitte des ersten Durchgangs spätestens waren die Spielanteile wieder ausgeglichen. Die Waage fing an zugunsten der Gäste auszuschlagen, als diese in der 35. Minute in Führung gingen.

Im zweiten Durchgang wirkte Atlas verunsichert, während Alem sehr abgezockt das Spiel kontrollierte und die haarsträubenden Schnitzer der Gastgeberabwehr eiskalt ausnutzte. Das 2:0 war quasi ein Spiegelbild des 3:0, vorausgegangen waren jeweils Blackouts des letzten Mannes bei Atlas. Die Hinterreihe war völlig von der Rolle. Vorne ging wenig, dabei schwamm auch Alem etwas, wenn man sie unter Druck setzte. So wie in den Schlussminuten, als die Spieler gedanklich wohl schon beim Feiern waren und fast noch der Anschluss gefallen wäre.

 

Ein bisserl Pöbeln muss sein

Nach Abpfiff war irgendwie allen Zuschauern klar, dass es nicht einmal Hoffnung auf ein Wunder gab. Das Ding war durch. Zu abgebrüht hatten die Spieler von Alem gewirkt, und dass obwohl auch sie wie regelkonform alle Mannschaften der Liga mit einem Team aus überwiegend U-23-Spielern antraten.

 

Weniger regelkonform war dagegen die große Zahl an ganz offensichtlich nicht zum Betreuerstab zählenden Anteil an Zuschauern bei den Gästen, die gegen gegen alle Codes sogar im Trikot erschienen waren. Sie bejubelten die Tore ausgelassen, wobei sie auf die Zäune kletterten und sangen. Zwischendurch machten sie sogar mit einigen Gesängen auf sich aufmerksam. Dazu lieferte man sich vor allem nach dem Abpfiff noch ein minutenlanges Pöbelduell mit der Heim-Barra, doch zu größere Zwischenfällen kam es nicht. Wäre es vermutlich auch ohne das überzogene Polizeiaufgebot nicht gekommen. Doch so mussten die Heimfans über 30 Minuten warten, bis sie das Stadion verlassen durften. Fast war es so, wie in Zeiten als es noch Gäste geben durfte.

 

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Atlas 0:3 L.N. Alem, Estadio Ricardo Puga, General Rodríguez (Prov. de Buenos Aires), Sonntag, 02.07.2017, 15:00, Hinspiel, Finale Reducido (Aufstiegsendrunde), Primera D 2016/17

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